Erzbistum muss Schadenersatz bei sexuellem Missbrauch durch Geistliche bezahlen!

Das Landgericht Köln hat in einem jetzt in einer juristischen Fachzeitschrift veröffentlichten Urteil vom 13.06.2023 das Erzbistum Köln u.a. zur Zahlung von Schmerzensgeld iHv € 300.000,00 an einen Mann verurteilt, der Anfang der 70er-Jahre über viele Jahre ua. sexuell von einem katholischen Pfarrer missbraucht wurde. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Dem Urteil lag der Fall eines heute Anfang 60-jährigen Klägers zugrunde, der von 1972 – 1979 mind. 320 Mal von einem zwischenzeitlich verstorbenen ehemaligen Pfarrer in Diensten des Erzbistums Köln sexuell missbraucht wurde. Der Pfarrer hatte in den 70er-Jahren eine alte Dorfschule gekauft, damalige Messdiener und andere männliche Jugendliche halfen bei der Sanierung der Schule und wurden dort umfangreichst sexuell, psychisch u.a. missbraucht. Seit 1991 arbeitete der betroffene Kläger seine Jugenderlebnisse in einer langandauernden Psychoanalyse auf und zeigt den Pfarrer Ende der 90-er Jahre wegen der Missbräuche an. Er erhielt erstmals 2022 eine Entschädigung von zunächst € 5.000,00 durch die katholische Kirche, später dann infolge der Attestierung einer posttraumatischen Belastungsstörungen, einer Schwerbehinderung mit einem GdB von 50 und anderer Erkrankungen nochmals durch Beschluss der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) weitere € 20.000,00.

Der vom LG Köln jetzt entschiedenen Klage nahm der Kläger das Erzbistum auf die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes mit der Argumentation einer Amtshaftung als quasi öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaft in Anspruch. Diese Klage hat das LG Köln im Juni mit dem oben genannten Betrag stattgegeben. Dabei hat das Gericht ausgeführt, dass ein Pfarrer als kirchlicher Beamter zunächst genauso zu beurteilen sei, wie ein staatlicher Beamter. Da die Missbrauchstaten in Ausübung des Amtes als Pfarrer geschehen sind, habe der Pfarrer gegen Amtspflichten iSd § 839 BGB verstoßen, was unbestreitbar auch vorsätzlich und schuldhaft erfolgt sei.

Ein Schmerzensgeld iHv € 300.000,00 war nach Auffassung des Gerichtes angemessen, da das Missbrauchsopfer in eine psychische Zwangslage gebracht wurde, der Missbrauch und die Vergewaltigungen über einen langen Zeitraum erfolgt sind und dies bei dem Kläger zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat.

Diese erste Entscheidung zur Haftung der katholischen Kirche für jahrezehntelange Verfehlungen ihrer Geistlichen wird weitreichende Folgen für die Amtshaftung der Kirchen, aber auch anderer öffentlich-rechtlich verfasster (sog. „korporierter“) Gesellschaften haben.

(LG Köln, 13.06.2023, Az. 5 O 197/22)

Bundespolizist aus dem Dienst entfernt – wegen rechtsextremer Haltung nicht mehr für den Polizeidienst tragbar

Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Urteil vom 14.09.2023 (Az. 14 A 2022/22) einer Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Dienst stattgegeben. Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:

Ein 34-jähriger Polizeihauptmeister (PHM) war zuletzt bei der Bundespolizeidirektion Hannover eingesetzt. Gegen ihn wurde im Jahr 2020 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. In der Disziplinarklageschrift wurden dem Beklagten sechs Sachverhaltskomplexe vorgehalten. Schwerpunktmäßig wurde ihm vorgeworfen, in seiner Freizeit Mitglied einer WhatsApp-Chatgruppe mit rechtsextremen und antisemitischen Beiträgen gewesen zu sein und sich mit den Mitgliedern der Chatgruppe auf eine Norwegenreise zu Schauplätzen des Zweiten Weltkriegs begeben zu haben, wo man das gemeinsame Ziel, sich widerrechtlich Wrackteile von abgestürzten Wehrmachtsflugzeugen zuzueignen, umsetzte. Außerdem wurden ihm weitere außerdienstliche Pflichtverstöße angelastet.

Im Vorfeld der Erhebung der Disziplinarklage wurde dem Polizisten zunächst die Führung der Dienstgeschäfte verboten, Anfang 2022 wurde er vorläufig des Dienstes enthoben und seine Dienstbezüge wurden um die Hälfte gekürzt.

Nach Einschätzung des Gerichts reichte bereits die Verletzung der Verfassungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 Bundesbeamtengesetz) durch die erkennbar gewordene rechtsextreme Haltung des Beklagten, um ihn als nicht mehr für den Polizeidienst tragbar anzusehen. Daneben sah das Gericht auch weitere Pflichtverstöße im In- und Ausland als erwiesen an, darunter ein waffenrechtliches Fehlverhalten. Einen Vorwurf aus der Disziplinarklageschrift (Erledigung privater Verrichtungen unter Nutzung der Dienst-IT während der Arbeitszeit) sah die Kammer hingegen nicht als erwiesen an. Nach Auffassung der Kammer zeigte sich in dem Gesamtverhalten des Beklagten eine mit dem Amt eines Polizeivollzugsbeamten nicht vereinbare charakterliche Schwäche. Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung unter anderem aus, dass die gezeigten Verhaltensweisen „das von der Öffentlichkeit in einen Polizisten als Repräsentant des Staates gesetzte Vertrauen“ endgültig zerstört hätten.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil steht dem Beamten die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu.

Nicht sorgeberechtigter Kindesvater muss bei Entscheidung über Namensänderung des Kindes angehört werden

Ein Kindesvater muss auch dann gemäß § 160 Abs. 1 FamFG bei einer Entscheidung zur Namensänderung angehört werden, wenn er nicht sorgeberechtigt ist. Davon kann gemäß § 160 Abs. 3 FamFG nur bei Vorliegen von schwerwiegenden Gründen abgesehen werden. Dies hat das Oberlandesgericht Brandenburg in einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 09.05.2023 (Az. 13 WV 6/23) entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Seit dem Jahr 2014 lebten die im Jahr 2011 geborene Zwillinge bei Pflegeeltern in Brandenburg. Sowohl die Kindesmutter als auch der Kindesvater hatten nicht mehr die elterliche Sorge inne. Im Dezember 2021 beantragten die Pflegeltern beim Amtsgerichts Senftenberg die Genehmigung zur Beantragung der Änderung des Familiennamens der Kinder. Nachdem das Gericht sämtliche Beteiligten, bis auf den Kindesvater, angehört hatte, gab es dem Antrag statt. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter.

Fehlende Anhörung des Kindesvaters begründet schwerwiegenden Verfahrensmangel

Das Oberlandesgericht Brandenburg sah in der fehlenden Anhörung des Kindesvaters einen schwerwiegenden Verfahrensmangel. Der Kindesvater hätte trotz dessen, dass er nicht das Sorgerecht hat, gemäß § 160 Abs. 1 FamFG angehört werden müssen. Unerheblich sei auch, dass der Familienname der Kinder nicht mit dem Familiennamen des Kindesvaters übereinstimme. Die Anhörungspflicht knüpfe allein an die rechtliche Elternstellung und nicht an eine unmittelbare Rechtsbetroffenheit.

Kein Absehen von Anhörung des Kindesvaters

Von der Anhörung habe nicht gemäß § 160 Abs. 2 Satz 2 FamFG abgesehen werden können, so das Oberlandesgericht, da sich diese Vorschrift nur auf Verfahren betreffend der Vermögenssorge des Kindes beziehe. Ein schwerwiegender Grund, der gemäß § 160 Abs. 3 FamFG eine Anhörung des Kindesvaters rechtfertigen könne, liege nicht vor.

BGH: Altersgrenze für Notare ist keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters

Mit Urteil vom 21. August 2023 hat der Senat für Notarsachen beim Bundesgerichtshof (BGH) zum dortigen Az. NotZ(Brfg) 4/22 entschieden, dass die bundesdeutsche Altersgrenze für Notare mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Im deutschen Recht ist in § 47 Nr. 2 iVm § 48a Bundesnotarordnung (BNotO) geregelt, dass das Amt des Notars mit dem Ende des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet, erlischt.

Das Urteil ist noch nicht vollständig abgesetzt. In einer Pressemitteilung des BGH vom 23.08.2023 heißt es:

Sachverhalt:

Der Kläger ist Anwaltsnotar und wird im Laufe des Jahres 2023 das 70. Lebensjahr vollenden. Er macht geltend, die Altersgrenze verstoße gegen das sich aus Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (nachfolgend: RL 2000/78) ergebende Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Die Altersgrenze sei angesichts eines mittlerweile eingetretenen erheblichen Nachwuchsmangels nicht mehr im Sinn von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt.

Prozessverlauf:

Die Klage auf Feststellung, dass das Amt des Klägers als Notar nicht mit dem Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet, erlischt, ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Berufung hat er sein Klageziel weiterverfolgt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Senat für Notarsachen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Altersgrenze soll den Generationenwechsel erleichtern und den Berufsstand der Notare verjüngen. Sie ist nach den vom Senat getroffenen Feststellungen zur Erreichung dieses Ziels nach wie vor erforderlich. Aus dem für den Zeitraum 2020 bis 2022 eingeholten Gutachten der Bundesnotarkammer zur Anzahl der bestehenden und ausgeschriebenen Stellen und der eingegangenen Bewerbungen sowie zur Verteilung der Notarinnen und Notare in Altersgruppen ergibt sich, dass im hauptberuflichen Notariat bundesweit ein erheblicher Bewerberüberhang herrscht. Lediglich in den Oberlandesgerichtsbezirken, in denen Rechtsanwälte als Notare im Nebenberuf tätig sind (Braunschweig, Bremen, Celle, Frankfurt am Main, Hamm, Oldenburg, Schleswig sowie der Bezirk des Kammergerichts und im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf der rechtsrheinische Teil des Landgerichtsbezirks Duisburg sowie der Amtsgerichtsbezirk Emmerich), besteht teilweise ein erheblicher Bewerbermangel. Daraus und aus weiteren statistischen Daten hat der Senat für Notarsachen geschlossen, dass es für den Notarberuf keinen Nachwuchsmangel aus demographischen Gründen gibt. Der Bewerbermangel im Anwaltsnotariat hat andere, seit etwa 2010 bestehende strukturelle Gründe. Dies sind insbesondere die neben der Berufstätigkeit als Rechtsanwalt vorzubereitende und abzulegende notarielle Fachprüfung sowie die sich stetig weiter erhöhenden (auch technischen) Anforderungen an die Ausübung des Nebenberufs.

Die Altersgrenze ist vor diesem Hintergrund auch im Anwaltsnotariat nach wie vor erforderlich, um ein legitimes Ziel im Sinn von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 zu erreichen. Bleiben lebensältere Notare mit gut eingeführten Notarstellen und einem großen Stamm an Urkundsbeteiligten ohne Altersgrenze im Amt, haben jüngere Rechtsanwälte keine hinreichende und planbare Aussicht auf wirtschaftlich leistungsfähige Notariate. Sie werden dann oftmals den erheblichen Aufwand für den Einstieg in den Nebenberuf nicht auf sich nehmen. Der Senat konnte daher nicht feststellen, dass der Gesetzgeber, der 2021 im Hinblick auf den bereits seinerzeit bestehenden Bewerbermangel im Bereich des Anwaltsnotariats einige Verbesserungen beschlossen (§ 48b und § 5b Abs. 3 BNotO), jedoch an der Altersgrenze festgehalten hat, dabei den ihm nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zukommenden Prognose- und Beurteilungsspielraum verletzt hat. Ein angemessener Interessenausgleich wird auch dadurch gewährleistet, dass die Altersgrenze für Notare deutlich über den im Bund und in den Ländern geltenden Pensionsaltersgrenzen liegt und aus dem Amt ausscheidende Anwaltsnotare nicht gehindert sind, den Beruf des Rechtsanwalts weiterhin auszuüben und als Notarvertreter oder Notariatsverwalter tätig zu sein.“

Vorinstanz:

Das Urteil des OLG Köln vom 10. Februar 2022 zum Az. Not 5/21 ist damit durch den BGH bestätigt worden.

Verbraucher können mündlich vereinbarte Bau-Nachträge widerrufen

Der Fall:

Ein Werkunternehmer und ein privater Bauherr stritten über eine mündlich und ohne Widerrufsbe­lehrung auf der Baustelle geschlossene Nachtragsvereinbarung. Es wurde keine Einigung erzielt. Der Werkunternehmer hat nach Leistungserbringung Werklohn gefordert; darauf hat der Bauherr die Nachtragsvereinbarung widerrufen.

Die Entscheidung:

Das OLG Karlsruhe hat – wie bereits das Ausgangsgericht – dem Bauherrn als Verbraucher hin­sichtlich des ausgeübten Widerrufs Recht gegeben:

Das Berufungsgericht hat erklärt, dass Nachtragsvereinbarungen über zusätzliche Leistungen des Unternehmers rechtlich selbständige Werkverträge sind, weil sie – wie der Hauptvertrag – durch Angebot und Annahme zu Stande gekommen sind. Daher können sie unter den Voraussetzungen der §§ 312 b, 312 g BGB selbständig widerrufen werden. Der Umstand, dass Nachtragsvereinbarungen insbesondere dann mit dem Hauptvertrag „zusammenhängen“, wenn sie die nach dem Hauptvertrag geschuldeten Leistungen nur ergänzen oder lediglich solche zusätzlichen Leistungen zum Gegen­stand haben, die zur Herstellung eines funktionstüchtigen Werks erforderlich sind, ändert nichts dar­an, dass die von den Parteien getroffene Abrede über den zusätzlichen Leistungsinhalt und dessen Vergütung – also die Nachtragsvereinbarung – ein selbständiger Werkvertrag ist.

Nach dem Wortlaut des § 312 b Abs. 1 Nr. 1 BGB kommt es für das Widerrufsrecht nur darauf an, dass der Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen erfolgt ist. Auf eine konkrete Überra­schung oder Überrumpelung kommt es nicht an. Es ist auch nicht notwendig, dass die Überrumpe­lungssituation im konkreten Fall kausal zum Vertragsschluss durch den Verbraucher geführt hat. Auch aus der Gesetzesbegründung der Verbraucherrichtlinie 2011/83/EU ergibt sich keine ein­schränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts: Auch hieraus wird dagegen deutlich, dass dem Ver­braucher ein Widerrufsrecht bereits deshalb eingeräumt wird, weil er außerhalb von Geschäftsräu­men „möglicherweise“ psychisch unter Druck steht oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist. Nach diesem typisierten Maßstab kommt es auf eine konkrete Schutzbedürftigkeit des Verbrau­chers im Einzelfall nicht an.

Der Unternehmer verliert durch den Widerruf seinen Vergütungsanspruch, während der Verbraucher die Leistung behalten darf.

Anmerkung der Fachanwaltes:

Der Unternehmer kann den nachteiligen Folgen des Widerrufs begegnen, indem er den Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt und ein ausdrückliches Leistungsverlangen des Verbrauchers vor Ablauf der Widerrufsfrist sich von diesem schriftlich oder ihn in Gegenwart von Zeugen bestätigen lässt (vergleiche § 357 a Abs. 2 Nr. 1 BGB).

(Die Entscheidung des OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. April 2023, Az.: 8 U 17/23 kann durch Anklicken hier im Originaltext gelesen werden)

Neues zu Wahlarzt- bzw. Liquidationskette: Keine Rückforderungsansprüche der PKV

Niedergelassene bzw. in einem MVZ tätige Radiologinnen und Radiologen, die vertraglich in ständiger Kooperation mit einem Krankenhaus stehen, dürfen im Falle der Hinzuziehung durch die Chefärztin bzw. den Chefarzt im Rahmen wahlärztlicher Behandlung ihre Leistungen unmittelbar gegenüber Privatpatientinnen und -patienten nach der GOÄ abrechnen. Es handelt sich bei den radiologischen Untersuchungen mangels „Chefarzt-Standard“ nicht lediglich um allgemeine Krankenhausleistungen nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KHEntgG, die vom Krankenhausträger aus den Entgelten nach § 7 KHEntgG zu vergüten sind. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 27.04.2023 bestätigt.

Allein das Bestehen einer (inhaltlich nicht bekannten) Kooperationsvereinbarung zwischen einem Krankenhaus und einer externen (tatsächlich und juristisch außerhalb des Krankenhauses tätig werdenden) Ärztin oder einem externen (tatsächlich und juristisch außerhalb des Krankenhauses tätig werdenden) Arzt hat im Hinblick auf die Qualifikation der extern erbrachten ärztlichen Leistung als (nicht gesondert vergütungspflichtige) allgemeine Krankenhausleistung oder ärztliche Wahlleistung keine Bedeutung. An der „Veranlassung einer Leistung“ durch eine Wahlärztin, einen Wahlarzt oder einer sonstigen liquidationsberechtigen Person im Sinne des § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG fehlt es nur dann, wenn diesen Personen nicht nur das „wo“ der zu erbringenden Leistung, sondern auch die Entscheidung, „ob“ eine solche Leistung überhaupt durchzuführen ist, durch die Kooperationsvereinbarung bzw. durch eine entsprechende Weisung des Krankenhauses vorgegeben wäre.

Entscheidend für die Qualifizierung einer ärztlichen Leistung als Wahlleistung ist, dass die mit besonderem Vertrauen ausgestattete primäre Wahlärztin oder der mit besonderem Vertrauen ausgestattete primäre Wahlarzt die Entscheidung über das „ob“ einer bestimmten, von Dritten durchzuführenden (hier diagnostischen) Maßnahme nicht nur von der fachärztlich gebotenen Vorgehensweise abhängig macht, sondern davon, ob diese erforderlich ist, die besonders qualifizierte und hochwertige ärztliche Leistung – wie aufgrund der Wahlarztvereinbarung geschuldet – zu erbringen. Es kommt damit nicht darauf an, ob die extern vorgenommene (Diagnostik-)Leistung lediglich durchschnittlich im Sinne des Facharztstandards ist oder selbst eine hochqualifizierte Leistung darstellt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die externe Ärztin oder der externe Arzt das besondere Vertrauen der (primären) Wahlärztin bzw. des (primären) Wahlarztes genießt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in einem entsprechenden Beschluss des OLG Bamberg vom 03.05.2022 wurde mit dem o.g. Beschluss des BGH vom 27.04.2023 zurückgewiesen. Die Entscheidung des OLG Bamberg kann durch Anklicken hier nachgelesen werden.

Tipp des Gesellschaftsrechtlers: GbRs sollten Grundstücksgeschäfte auf 2023 vorziehen

Die Einführung des Gesellschaftsregisters könnte ab dem 1.1.2024 zu einer Blockade wichtiger Rechtsgeschäfte bei rechtsfähigen GbRs durch eine Überlastung des Registers führen. Dem sollten die Gesellschaften vorbeugen.

Das ab dem 1.1.2024 bei den Amtsgerichten geführte Register für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, das in seiner Publizitätswirkung dem Handelsregister nachgebildet ist, soll dem Rechtsverkehr die bisher fehlende Sicherheit über die Zusammensetzung der Gesellschaften, ihren Sitz und die Namen der Gesellschafter bringen. Bei Einführung des Registers ist mit einem massiven Ansturm von Eintragungsanträgen zu rechnen, der zu nicht unerheblichen Verzögerungen bei der Eintragung führen dürfte.

Berufsausübungsgesellschaften sind nicht eintragungspflichtig

Mit dem am 1.1.2024 in Kraft tretenden Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird ab dem 1.1.2024 ein Gesellschaftsregister für Gesellschaften bürgerlichen Rechts nach § 705 Abs. 2 BGB n.F. zur Verfügung stehen. Das Gesetz erfasst nur solche Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die als solche am Rechtsverkehr teilnehmen, also Außen-GbR, nicht aber reine Innen-GbR. Nicht betroffen sind damit Gesellschaften zur gemeinsamen Berufsausübung in Form einer GbR (Anwaltssozietäten, Wirtschaftsprüfersozietäten u.ä.), es sei denn die GbR tätigt Grundstücksgeschäfte oder beabsichtigt den Erwerb registrierter Rechte.

Faktischer Eintragungszwang für viele GbRs

Gemäß § 707 Abs. 1 BGB n.F. besteht keine Eintragungspflicht. Die Eintragung soll aber Voraussetzung für die Vornahme von Rechtsgeschäften sein, die ihrerseits die Eintragung in ein anderes Register erfordern. Damit besteht ein Eintragungszwang u.a. für die Vornahme von Grundstücksgeschäften. Dies bedeutet in der Praxis einen faktischen Eintragungszwang für rechtsfähige GbRs, die in größerem Umfange rechtsgeschäftlich tätig sind. Für bis zum 31.12.2023 erfolgte Eintragungen der rechtsfähigen GbR, beispielsweise im Grundbuch, gelten die Neuregelungen nicht.

Überlastung des Gesellschaftsregisters unmittelbar nach dem Jahreswechsel

Es steht zu befürchten, dass mit Inkrafttreten des MoPeG, also unmittelbar nach dem Jahreswechsel 2023/24, eine Überlastung des Gesellschaftsregisters durch einen massiven Ansturm von Eintragungsanträgen entstehen wird. Dadurch können sich nicht unerhebliche Verzögerungen bis zum endgültigen Eintrag einer GbR im Gesellschaftsregister ergeben. Da Geschäfte, die eine Eintragung in ein anderes Register erfolgen, also beispielsweise Grundstücksgeschäfte (Eintragung im Grundbuch), künftig die Eintragung in das Gesellschaftsregister voraussetzen, ist zu befürchten, dass sich wichtige Geschäftsabschlüsse in der 1. Jahreshälfte 2024 erheblich verzögern werden. Dem können die Gesellschaften durch rechtzeitig eingeleitete Maßnahmen entgegenwirken.

Praxistipp 1: Eintragung rechtzeitig vorbereiten

Die Anmeldung zum Gesellschaftsregister erfordert die Einhaltung einiger Formalitäten und sollte daher rechtzeitig vor dem Jahreswechsel vorbereitet werden. Die Anmeldung ist gemäß § 707 Abs. 4 Satz 1 BGB n.F. von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken und muss in öffentlich beglaubigter Form, also in der Regel durch notarielle Beglaubigung oder Beurkundung, erfolgen. Auch die Vollmacht zur Vertretung eines Gesellschafters erfordert die öffentliche Beglaubigung durch einen Notar. Gemäß § 707a Abs. 2 BGB n.F. führt die eingetragene GbR die Rechtsbezeichnung eGbR. Dies alles sollten Gesellschaften, die eine Eintragung beabsichtigen, rechtzeitig noch in diesem Jahr vorbereiten.

Praxistipp 2: Grundstücksgeschäfte auf 2023 vorziehen

Rechtsfähige GbRs sollten erwägen, ob sie Rechtsgeschäfte, die mit einem Registereintrag verbunden sind und die keinen Aufschub dulden, auf das laufende Jahr 2023 vorziehen können. Andernfalls drohen wegen der ab 1.1.2024 erforderlichen Eintragung in das Gesellschaftsregister und des zu befürchtenden Eintragungsstaus nicht vorhersehbare Wartezeiten und Verzögerungen.

Dies gilt auch für sonstige Erwerbs und Veräußerungsgeschäfte die mit einer Eintragung in einem öffentlichen Register (Patentregister, Markenregister, Handelsregister) verbunden sind. Die Umsetzung dieser Geschäfte ist für rechtsfähige GbRs bis zur Eintragung ins Gesellschaftsregister geblockt.

Praxistipp 3: Transparenzregister nicht vergessen

Mit der Eintragung sind gemäß § 3 Abs. 1 GwG Angaben über die wirtschaftlich Berechtigten der GbR einzuholen. Diese sind an das Transparenzregister unter

www.transparenzregister.de.

zu übermitteln.

Immer wieder gut zu wissen: Hilfspflicht der Krankenkassen bei ärztlichen Behandlungsfehlern

Gem. § 66 SGB-V haben die gesetzlichen Krankenkassen ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, die aus ärztlichen Behandlungsfehlern entstanden sind, unterstützen. Die Unterstützung der Krankenkassen kann dabei insbesondere die Prüfung der von den Versicherten vorgelegten Unterlagen auf Vollständigkeit und Plausibilität, die Anforderung weiterer Unterlagen bei den Leistungserbringern, die Veranlassung einer sozialmedizinischen Begutachtung durch den Medizinischen Dienst sowie eine abschließende Gesamtbewertung aller vorliegenden Unterlagen umfassen. 

Das LSG Niedersachsen hatte sich in einem Verfahren mit dem Umfang und den Grenzen der gesetzlichen Hilfspflicht der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten bei ärztlichen Behandlungsfehlern zu befassen.

Versicherter verklagte seine Krankenkasse

Ein Versicherter klagte gegen seine Krankenkasse auf Unterstützung bei seinem Vorgehen gegen einen von ihm vermuteten Behandlungsfehler. Nachdem bei dem Kläger stationär eine Phimose festgestellt worden war, wurde in einem Kreiskrankenhaus eine Zirkumzision (Beschneidung) durchgeführt. Im Nachhinein hielt der Kläger die Diagnose für falsch und die Beschneidung für nicht erforderlich.

Schwere Depression als Folge von Fehldiagnose und Fehlbehandlung

Nach Darstellung des Klägers war infolge eingetretener Impotenz, Ejakulationsstörungen sowie Schmerzen im Operationsbereich bei ihm eine schwere Depression entstanden. Seine Psychotherapeutin hatte insoweit die Diagnose „Anpassungsstörung nach Penisoperation mit konsekutiver Erektionsstörung“ gestellt. Der Kläger forderte einen erneuten operativen Eingriff zur Herstellung der Funktionsfähigkeit seines Geschlechtsteils sowie darüber hinaus ein angemessenes Schmerzensgeld.

Fehlbehandlung nicht nachweisbar

Die Krankenkasse des Klägers schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser erstellte unter Auswertung der medizinischen Unterlagen ein Gutachten. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass eine Fehldiagnose sich nicht nachweisen lasse. Die vom Kläger beklagte Impotenz sowie die Ejakulationsstörungen seien keine Folge der Zirkumzision.

Krankenkasse lehnt weitere Unterstützungsleistungen ab

Die Krankenkasse erteilte dem Kläger darauf einen förmlichen Bescheid, dass ein Behandlungsfehler nicht anzunehmen sei und lehnte auch im anschließenden Widerspruchsverfahren die Einleitung einer weiteren vom Kläger geforderten Begutachtung sowie die Anhörung seiner Ehefrau als Zeugin ab. Die hierauf eingereichte Klage blieb über zwei Instanzen erfolglos.

Gesetzliche Verpflichtung der Krankenkasse zu Unterstützungsleistungen

Sowohl das SG als auch das LSG stützen ihre Entscheidung auf § 66 SGB V. Danach sollen die Krankenkassen ihre Versicherten bei Behandlungsfehlern durch geeignete Maßnahmen unterstützen. Das Wort „sollen“ lässt den Krankenkassen nach der Auslegung der Gerichte nur ein eingeschränktes Ermessen bei der Entscheidung über Unterstützungsleistungen. Danach sind die Krankenkassen grundsätzlich verpflichtet, ihre Versicherten zu unterstützen, sofern nicht im Einzelfall konkrete sachliche Gründe dagegen sprechen.

Die Hilfspflichten im Einzelnen

Inhaltlich zielt die Unterstützung nach der Auslegung des LSG darauf ab, dem Versicherten Leistungen zu gewähren, die ihm die Beweisführung für eine Rechtsverfolgung erleichtert. Hierzu gehören:

  • Informationen zu den vom Arzt gestellten Diagnosen,
  • fachliche Informationen zur Erforderlichkeit der angewandten Therapie,
  • Informationen über die im Krankenhaus im Einzelnen tätig gewordenen Behandler (Nennung der Namen),
  • die Anforderung ärztlicher Unterlagen (Röntgenaufnahmen u. ä.) sowie
  • gegebenenfalls die Veranlassung einer Begutachtung durch den MDK gemäß § 275 Abs. 3 Nr. 4 SGB V.

Beklagte ist ihren Hilfspflichten angemessen nachgekommen

Nach Auffassung der Gerichte hatte die beklagte Krankenkasse im konkreten Fall sämtliche ihr nach § 66 SGB V auferlegten Unterstützungspflichten gegenüber dem Kläger erbracht. Mit der Einholung eines Gutachtens des MDK habe sie die Unterstützung ordnungsgemäß abgeschlossen. Zu einem weiteren initiativen Recherchieren zugunsten des Versicherten sei die Krankenkasse nach § 66 SGB V nicht verpflichtet.

Grenzen der Hilfspflicht

Das LSG wies besonders darauf hin, dass die gerichtliche Prüfung der von der Beklagten getätigten Unterstützungsleistungen eine reine Rechtskontrolle beinhaltet und keine Überprüfung der medizinischen Richtigkeit des vom MDK erstellten Gutachtens. Das Gesetz gewähre Versicherten keinen Anspruch auf Nachforschung und weitere Überprüfungen solange, bis sie mit dem Ergebnis einverstanden sind. Auch zur Anhörung von Zeugen sei die Krankenkasse nicht verpflichtet.

Klage und Berufung erfolglos

Im Ergebnis bestätigte das LSG die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz und wies die vom Kläger eingelegte Berufung zurück.

(Der Beschluss des LSG Niedersachsen vom 25.05.2023 zum Az. L 16 KR 432/22 kann hier nachgelesen werden)

Die neue Grundsteuer – mit der Verfassung vereinbar?

Dem Fiskus droht in vielen Bundesländern eine Klagewelle wegen der neuen Berechnung der Grundsteuer. Nach einem Bericht der „Tagesschau“ vom 12.06.2023 sollen bereits über 3 Mio. Einsprüche bei den Finanzämtern eingegangen sein, die Dunkelziffer ist hoch, es ist mit einer Einspruchsquote von bis zu 20 % zu rechnen. Auch der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Gregor Kirchhof hält das in elf der gesamten deutschen Bundesländern angewandte Bundesmodell für verfassungswidrig.

Zu diesem Schluss kommt der Jurist wie schon bei seinen vorläufigen Ergebnissen eines Gutachtens im Auftrag des Zentralen Immobilien Ausschusses e. V. vom Januar 2019 in einer Studie im Auftrag des Steuerzahlerbunds und des Eigentümerverbands Haus und Grund, die schon im April 2023 in Berlin vorgestellt wurde.

Musterklagen in 5 Bundesländern geplant

Die Verbände wollen nun in 5 Bundesländern mit Musterklagen vor Gericht ziehen – in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Den Eigentümern empfehlen sie, Einspruch gegen die von den Finanzämtern zum Teil bereits verschickten Bescheide zum Wert ihrer Immobilien einzulegen. „Es ist offensichtlich, dass die neue Grundsteuer so nicht funktioniert und am Ende zu deutlichen Mehrbelastungen führt“, sagte der Präsident des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel.

Bundesländer mit eigenen Grundsteuer-Modellen

Ab 2025 soll die Grundsteuer neu berechnet werden. Der Wert von fast 36 Mio. Immobilien muss neu berechnet werden. Nicht alle Länder müssen dabei gleiche Kriterien anwenden: Während die meisten das kritisierte Modell des Bundes nutzen, haben Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen eigene Berechnungsmethoden entwickelt.

Bodenrichtwerte nicht vergleichbar

Kirchhof kritisierte, die daraufhin festgelegten Bodenrichtwerte seien nicht vergleichbar. So habe etwa die begehrte Wohnlage Wannsee in Berlin einen geringeren Richtwert erhalten als die weniger attraktive Lage Neukölln. Außerdem würden individuelle Umstände wie Denkmalschutz-Auflagen, Baumängel, Altlasten und anderes bei der Bewertung der Grundstücke nicht berücksichtigt. Der Jurist hält die Grundsteuer-Berechnung über den Bodenrichtwert generell für problematisch – im Vergleich etwa zu Modellen nur mit Fläche und Gebäudeart.

Bodenrichtwerte häufig deutlich höher als bisher

Rund 15 bis 20 Mio. Steuerbescheide wurden seit Einreichung der Unterlagen ausgestellt. Viele Eigentümer erlebten dabei eine böse Überraschung: Oft sind die Bodenrichtwerte deutlich höher als bisher. „Wir haben noch nie so viele besorgte Steuerzahler gehabt“, sagte Holznagel. Der Präsident von Haus und Grund, Kai Warnecke, berichtete von einem „irrsinnigen Mitglieder-Zulauf“ deswegen.

Hebesätze der Gemeinden stehen noch nicht fest

Sehr irritierend sei für die Eigentümer, dass es keine Angaben gebe, was man ab 2025 tatsächlich an Grundsteuer zu zahlen habe. Das wird auch noch eine Weile offenbleiben. Denn die Höhe der Grundsteuer hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab, die erst kurzfristig festgelegt werden. Dann sei es aber häufig zu spät, sich gegen die Bescheide zu wehren, warnen die Verbände. Sie appellieren an die 11 Bundesländer, sich vom Berechnungsmodell des Bundes zu lösen und eigene, aus ihrer Sicht weniger angreifbare Methoden zu entwickeln.

Anwohnerparken in Freiburg – das bleibt ein Dauerthema!

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 13.06.2023 (Az. 9 CN 2.22) die Satzung der Stadt Freiburg über die Erhebung von Bewohnpark-Gebühren aufgehoben.

Die Aufregung in der Stadt war groß: Vor allem die „Auto-Lobby“ hatte mächtig Druck gegen die seit dem 01.04.2022 geltenden neuen Parkgebühren in sog. „Anwohnerzonen“ im Stadtgebiet von Freiburg gemacht. Mit dem Ziel, die stets hohe Inanspruchnahme öffentlichen Raumes durch Kraftfahrzeuge angemessen mit Gebühren zu erheben, galt seit dem Frühjahr 2022 in Freiburg abhängig von der Fahrzeuglänge ein Stufentarif für Anwohnerparkausweise zwischen € 240 und € 480 pro Jahr. Die Stadt hatte diese neuen Gebühren in einer kommunalen Satzung festgelegt.

Ein ehemaliger FDP-Gemeinderat und Inhaber einer bekannten Freiburger Fahrschule hatte gegen diese Satzung geklagt und sehr öffentlichkeitswirksam stets argumentiert, die Gebühren seien deutlich überhöht. Bei dem erstinstanzlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte dieser Kläger kein Glück: Mit Urteil vom 13.07.2022 wurde die Normenkontrollklage abgewiesen (Az. 2 S 808/22).

Anders hat jetzt das BVerwG entschieden: Die Freiburger Satzung wurde aufgehoben. Allerdings nicht – wie vom Kläger vorgetragen – wegen die Überhöhung der Parkgebühren, sondern aus formalen Gründen: Die Regelung in Form einer Satzung sei unzulässig, auch die Abstufung der Gebühren nach Wagenlänge verletzte den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und für die ebenfalls geregelte Gebührenermäßigung aus sozialen Gründen fehle eine Rechtsgrundlage.

Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht, aus der durch Anklicken hier zu findenden Pressemitteilung des Gerichts gehen jedoch bereits die Einzelheiten hervor.

Es bleibt zu hoffen, dass die Stadt Freiburg einen Weg findet, die aus Sicht des Autors dieser Zeilen eher zu noch niedrigen Gebühren, wie geplant für die Zukunft rechtssicher umzusetzen. ‚Der Deutschen liebstes Kind‘, das Auto und die dafür in Freiburg zu entrichtenden Parkgebühren bleiben somit ein Dauerthema.